Kapitel 5: Der HRV Böllberg von 1884 e. V. nach der Wiedervereinigung

Nach der Wiedervereinigung in Deutschland nahm die Sparte Rudern des SC Chemie Halle wieder ihren alten Namen, HRV Böllberg von 1884 e. V., an. Im Verein waren neben Thomas Lange Sportler mit internationalem Ansehen verpflichtet, die teilweise in ihren Bootsgattungen in Deutschland und auch international führend waren.

Andreas Hajek

Andreas Hajek zu Beginn seiner erfolgreichen Rudererlaufbahn, wo er bereits 1986 DDR-Meister im Einer wurde

„Haschi“ begann seine Ruderlaufbahn in Weißenfels bei der Übungsleiterin Dagmar Ritter und wurde später von Klaus Schindler, Lothar Trawiel und nach 1992 von Bernd Lindner trainiert.

Andreas Hajek hat von 1976 bis 2004, davon über 20 Jahre aktiv und in der Weltspitze im halleschen Ruderclub gerudert und mit seinen Erfolgen und Medaillen zum Ansehen des Vereins, der Stadt Halle und dem Deutschen Ruderverband ganz erheblich beigetragen.

Neben 25 DDR-/ Deutschen Meistertitel errang er folgende internationale Erfolge:

1985 Juniorenweltmeister (Einer)

1986 WM 3. Platz (Doppelzweier)

1988 Olympische Spiele (Ersatz)

1989 WM 4. Platz (Doppelvierer)

1990 WM 5. Platz (Einer)

1991 WM 4. Platz (Doppelvierer)

1992 Olympiasieger (Doppelvierer)

1993 Weltmeister (Doppelvierer)

1994 WM 3. Platz (Doppelvierer)

1995 WM 2. Platz (Doppelvierer)

1996 Olympiasieger (Doppelvierer)

1997 Weltmeister (Doppelzweier)

1998 Weltmeister (Doppelzweier)

1999 Weltmeister (Doppelvierer)

2000 Olympia-Bronze (Doppelvierer)

2001 Weltmeister (Doppelvierer)

2002 WM 3. Platz (Doppelzweier)

Eine „schwere Last“ sind Medaillen Pokale von zahlreichen Wettkämpfen der Olympischen Spiele, von Weltmeisterschaften verschiedener Klassen und nationaler Ruderwettkämpfe
1992 olympisches Gold in Barcelona im Doppelvierer mit Michael Steinbach, Andreas Hajek, Stephan Volkert und Andre Willms

Jana Thieme

ist die erfolgreichste Ruderin Halles aller Zeiten. Neben Weltmeistertiteln im Einer (1993) und Doppelzweier (1999) sowie Olympiagold in diesem Boot wurde sie im Doppelvierer viermal Weltmeister und war mit dem Doppelvierer über Jahre dominierend in der Welt.

Sportliche Laufbahn:

1987 Junioren-Weltmeister im Doppelvierer

1988 Junioren-Weltmeister im Einer

1989 Weltmeister im Doppelvierer

1991 WM-6. im Einer

1992 Ersatzfrau bei den Olympischen Spielen

1993 Weltmeister im Einer

1994 WM-3. im Doppelzweier

1995 Weltmeister im Doppelvierer

1996 Olympia-5. Im Doppelzweier

1997 Weltmeister im Doppelvierer

1998 Weltmeister im Doppelvierer

1999 Weltmeister im Doppelzweier

2000 Olympische Goldmedaille im Doppelzweier

DDR-/deutsche Meisterin im Doppelvierer 1989, 1995; im Einer 1991, 1993

Der erfolgreiche Damenvierer mit (von links): Kathrin Boron, Manuela Lutze, Jana Thieme, Kerstin Köppen

Vor der Weltmeisterschaft 1994 ruderte Jana Thieme mit der jungen Angela Schuster aus Hanau, mit der sie sich ausgezeichnet verstand und im Boot harmonierte.

Nach den Erfolgen im Doppelvierer, u. a. mit drei Weltmeisterschaftssiegen seit 1995, stieg sie mit Kathrin Boron 1999 in den Doppelzweier, wo diese beiden erfahrenen Ruderinnen bei den Olympischen Spielen 2000 in Sydney die Goldmedaille holten.

Jana Thieme mit ihrer langjährigen Partnerin Kathrin Boron

Christian Schreiber

wurde am 07.08.1980 in Weißenfels geboren, errang bereits nach einem 2. Platz bei der Junioren-weltmeisterschaft 1997 im Jahre 1998 den Titel im Doppelvierer, sowie 1999 den 1. Platz bei der U23 Weltmeisterschaft. Im Einer errang er den 2. Platz bei der U23-WM 2000.

Im Nationalteam des DRV folgten in den nächsten Jahren weitere Starts bei den Ruderweltmeister- schaften und den Olympischen Spielen 2004. 2001 wurde Christian Schreiber mit seinem Vereins-kameraden Andreas Hajek Weltmeister im Doppelvierer. Im Doppelzweier belegte er bei den Olympischen Spielen 2004 den 9. und bei den Weltmeisterschaften 2005 den 3. Platz. 2006 startete er bei der WM wieder im Doppelvierer, der Platz 7 und 2007 im Doppelzweier Platz 10 belegte. Bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking fuhr er im Doppelvierer auf Platz 6.

Neben Christian Schreiber und Roland Schröder, der 1988 Olympisches Gold im Vierer ohne holte, gab es im HRV sehr starke Junioren-/U23-Ruderer, die in dieser Zeit über 10 Goldmedaillen und weitere hohe Platzierungen bei den Weltmeisterschaften holten. Dies sind u. a. Tino Riede, Alexander Scholz, Daniel Pönisch, Danilo Winkler, Steffen Richter, Marco Rudolph, Marco Spielau, Steffen Blättermann, Holger Brunzlaff, Patrick Scholz, Steffen Seeger, Matthias Weiss, Christoph Zimmermann und später auch wieder sehr starke Frauenruderinnen, wie Lulia Lier und Michaela Schmidt.

Sie beißen sich durch: Christian Schreiber und Andreas Hajek wurden 2001 Weltmeister im Doppelvierer
Roland Schröder, Olympiasieger 1988 im Vierer ohne
Marco Spielau und Steffen Blättermann U23-Weltmeister im Jahre 2004
Marco Spielau U23-Weltmeister 2004 im Doppelzweier

Florian Eichner und Philipp Naruhn

sind mit die erfolgreichsten, ehemals im Nationalteam vertretenen, Ruderer der HRV Böllberg/Nelson e. V., die beachtliche internationale Erfolge aufweisen können.

Florian Eichner, geboren am 16.12. 1985 in Quedlinburg, Student der Rechtswissenschaften, begann 1995 unter Trainer Carl Ertel in der HRV zu rudern. Neben guten Platzierungen, u. a. 4 Deutsche Meistertitel U19/U23, sind seine wichtigsten Erfolge:

2009 3. Platz Weltmeisterschaften 2+ Poznan

2008 8. Platz Olympische Spiele 8+ Peking

2007 2. Platz Weltmeisterschaften 8+ in München

2006 1. Platz Weltmeisterschaften 4+ Eton

2005 4. Platz U23-Weltmeisterschaften 8+ in Amsterdam

2004 5. Platz U23-Weltmeisterschaften 4- in Poznan

Trainer Klaus Ritter
Im Vierer mit Steuermann wurden Philipp Naruhn und Florian Eichner 2006 in Eton (GB) Weltmeister
Bronzemedaille für Florian Eichner und Philipp Naruhn zur Weltmeisterschaft 2009 im Zweier mit Steuermann

Philipp Naruhn wurde am 14.07.1983 in Schwerin geboren. Er begann 1995 mit dem Rudern in der Merseburger Ruder-Gesellschaft. Neben guten Platzierungen, u. a. drei Deutsche Meistertitel Jugend/ U23, sind seine wichtigsten Erfolge:

2009 3. Platz Weltmeisterschaften 2+ Poznan

2008 8. Platz Olympische Spiele 8+ Peking (CHN)

2007 3. Platz Weltmeisterschaften 4+ München

2006 1. Platz Weltmeisterschaften 4+ Eton (GB)

2005 4. Platz U23-Weltmeisterschaften 8+ Amsterdam (NED)

2004 1. Platz U23-Weltmeisterschaften 8+ Poznan (POL)

2003 1. Platz U23-Weltmeisterschaften 4+ Belgrad

2001 3. Platz Juniorenweltmeisterschaften 2- Duisburg

Martin Gulyas

geboren am 10.07.1987 in Ozd (Ungarn), lernte rudern und trainierte in der Halleschen Rudervereinigung Böllberg/Nelson. Unter seinen Trainern Frank Köhler und Bernd Lindner ruderte er im Doppelvierer und erreichte bei den Junioren- und U23- Weltmeisterschaften gute Platzierungen.

In den Jahren 2007 und 2008 wurde er im Doppelvierer U23-Weltmeister und vertrat ab 2009 als Mitglied der Nationalmannschaft im Einer unseren Verein.

Martin Gulyas,(3. v. links) trainiert von Frank Köhler, wird 2007 im Nationalteam U23-Weltmeister im Doppelvierer

Julia Lier

Bei den Junioren-Weltmeisterschaften errang sie im Doppelvierer im Jahr 2008 und im Doppelzweier im Jahre 2009 Gold. Ihren größten Erfolg holte sie allerdings 2016 in Rio, als sie Olympisches Gold im Doppelvierer gewann. Auch erfolgreich für die HRV Böllberg/Nelson waren Anne Becker und Michaela Schmidt, die bei den Junioren-Weltmeisterschaften in den Jahren 2006-2008 schon Silber und Bronze und bei den U23-Weltmeisterschaften 2009 im Zweier ohne Silber holten.

Julia Lier wurde mit ihrer Partnerin, Marie-Catherine Arnold vom Hannoverschen Ruderclub Juniorinnen-Weltmeister im Doppelzweier
Trainer Frank Köhler
Anne Becker und Michaela Schmidt wurden 2009 in Racice U23 Vize-Weltmeister im Zweier ohne

Ein bedeutender Schritt: Die Vereinigung

Am 5. Juni 1993 findet die, von vielen Ruderern gewünschte und initiierte Verreinigung der 1958 von vielen Ruderern, die die DDR verlassen hatten, in Rinteln (BRD) neu gegründeten Rudergesellschaft von 1874 (Nelson) e.V. und dem Halleschen Ruderverein Böllberg von 1884 e.V. statt.

Hans-Dietrich Genscher besucht im Jahre 1996 vor den Olympischen Spielen in Atlanta die Hallesche Rudervereinigung Böllberg/Nelson e. V.

Ein Förderer und ehemaliger Nelsone, Bundes-außenminister a. D. Hans-Dietrich Genscher wurde am 06.11.1993 zum Ehrenmitglied ernannt.

Bei der Übergabe zugegen waren neben vielen Trainern, Athleten und Vereinsmitgliedern Vertreter des Deutschen Ruderverbandes, des Landes- und Stadtsportbundes sowie der Stadtverwaltung von Halle

Am 17.12.1994 übergibt der hallesche Ober-bürgermeister Dr. Klaus Rauen das renovierte Bootshaus in Böllberg den Ruderern zur Nutzung. Sicher auch ein Verdienst der hervorragenden Leistungen der Ruderer, dass diese Renovierung vorrangig aus Bundesmitteln finanziert wurde.

Die Renovierung kostete damals 3 Millionen DM. Zu dem Zeitpunkt verfügte das hallesche Ruderzentrum über rund 70 Boote mit allem Zubehör in einem Gesamtwert von mehr als einer Millionen DM.

Ein Skiff kostete 10.000, ein Vierer 25.000 und ein Achter 35.000 DM. Da lässt sich schnell ausrechnen, welcher Aufwand betrieben werden muss, um in dieser hochrangigen Wassersportart erfolgreich sein zu können.

Ehemalige Sportkameraden rudern wieder gemeinsam. Im Bild: E. Krehhahn, W. Bähnisch, W. Becker, O. Körner, P. Lingner, G. Heine, R. Srock und K. Schulz

Ehemalige „West-Nelsonen“ und Böllberger alte Herren können nun wieder gemeinsam auf der Saale rudern, wie es oft in Jahrestreffen und Jubiläumsfeiern gewünscht wurde.


HRV Masters

Das „Alt-Herren-Rudern“ hatte sich in den 80er Jahren mit einem breit gefächerten Regattakalender im In- und Ausland mit nationalen und internationalen Meisterschafen als „Master-Rudern“ ausgedehnt. Diese werden in genaue und eng gefasste Altersklasseneinteilungen durchgeführt. Nach 1990 begannen die Senioren des HRV mit dieser ruderischen Betätigung jenseits der persönlichen Phase und ihres Berufslebens im aktiven Leistungssport.

Unsere Masters waren vorwiegend ehemalige Leistungssportler, die in ihrer aktiven Zeit selbst viele Titel bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften sowie nationale Titel errungen hatten. Mit am längsten und erfolgreichsten sind Ulf Sauerbrey und Siegfried Schalkowski, die vornehmlich im Zweier ohne, aber auch im Vierer und Achter viele Titel holten.

Detlef Carell, Thomas Eichner und Carl Ertel waren sehr erfolgreich, vielfach im Einer und im Doppelzweier. Erfolgreich sind viele weitere Ruderer, die den Sport auch sehr intensiv betreiben, wie K.-H. Nagler, W. Becker, W. Knörgen, H. Sauerbrey, W. Kubale, J. Pritschow, H.-G. Hirche, H. Süße, Sven Holtschke, Stefan Ullrich,

um nur einige zu nennen, die diese Disziplin für die HRV bisher vertreten haben. Neben deutschen Austragungsorten holten unsere Masters Titel u. a. in Adelaide (Australien), Sevilla (Spanien), Vichy (Frankreich), Hazewinkel (Belgien), Glasgow (Schottland), Budapest (Ungarn), Racice (Tschechien) oder Trakai (Litauen), um nur einige der Austragungsstätten zu nennen.


120-/130-jähriges Gründungsjubiläum

Dieses Gründungsjubiläum der Halleschen Rudervereinigung Böllberg/Nelson beging man mit dem Abrudern und einem Ball der Ruderer sowie einem Festakt am 30.10.2004.

Gratulation der erfolgreichsten Ruderer des Vereins zum Ball der Ruderer im Böllberger Vereinshaus
Bootstaufe zum Festakt auf dem halleschen Marktplatz

Dieser Rückblick auf die Vereinsgeschichte schließt ab mit dem Jubiläum der 125-/135-jährigen Vereinsgründung, deren Festakt am 25. Sept. 2009 im „Krug zum grünen Kranze“ stattfand, der Gaststätte, die sechs Jahre Heimstatt der Nelsonen war und in der die Gründungsversammlung der Halleschen Rudervereinigung von 1884 stattfand. Mit dieser Festveranstaltung, einem Ruder-Cup und einem Oktoberfest wurde dieses Ereignis gewürdigt.

Die erfolgreichen Trainer der HRV Böllberg/Nelson. Von links: Frank Köhler, Bernd Lindner, Klaus Ritter

Großes Vereinsjubiläum 2009: 125/135jähriges Gründungsfest der HRV Böllberg/Nelson

Festveranstaltung im Krug zum grünen Kranze
HRV-Ruder-Cup auf dem Kanal in Halle
Oktobertfest im Böllberger Vereinshaus

Quellen:

Vereinsdokumentationen der Rudergesellschaft Nelson von 1874 und des Halleschen Rudervereins „Böllberg“ von 1884 insbesondere

  • Böllberger Vereinsboten und Festschriften zum 25., und 50. Gründungsjubiläum -Festschriften zum 50. und 90. Gründungsjubiläum der RG Nelson (Barsinghausen)
  • Hallescher Sportalmanach 1925 und weitere ab 1990
  • Bildmaterial der Vereine und Presse- sowie Internet-Veröffentlichungen
  • eigene verfügbare Bilder und Schriften (Franz Büsching), sowie weitere Nachlässe von Otto Blankenstein, Paul Turich, Gerd Satke, Wolfgang Schmidt mit Dank an die Ruderkamera- den, die mir dieses und weiteres Material zur Verfügung gestellt haben, u.a. Otto Körner, Lutz Turich, Gerhard Heine, Hartmut Wetterling und alle, die mich durch Bereitstellung von weiterem Material und mit Hinweisen unterstützt haben.